Der Kies und der Holzsteg sind geblieben. Die 1 200 Bäumchen im Topf, die den Hof der Kunst- Werke Auguststraße letztes Jahr zur Baumschule gemacht hatten, sind zurückgekehrt in die Gärtnerei Lorberg. Jetzt hangeln sich hier Kletterpflanzen an Stangen hoch, wachsen über Drähte, wuchern bis Sommer zu einem Blätterdach. Dieses Stück Natur des Duos Le Balto heißt “Garten 2”; es leitet über zu einer Reihe konzeptioneller Ausstellungen der Kunst-Werke, die unser Assoziationsvermögen erproben.

In der ersten und größten Ausstellung laufen gut zwei Dutzend Monitore, zu sehen ist eine Dokumentation zum mexikanischen Film “Amores Perros” von Alejandro Gonzales Iarritu. Der Regissür hat zusammen mit Francis Alÿs, einem in Mexiko lebenden belgischen Fotografen, Probeszenen und Recherchen zu diesem Film aufgearbeitet. So bekommt der Betrachter Einblick in die Vorbereitung und den Produktionsverlauf eines Filmes, der für seine Erzähltechnik und Radikalität als bahnbrechend gilt. Die Sequenzen berichten nur fragmentarisch von der Handlung: Es geht um ein Brüderpaar im Slum des 20-Millionen-Einwohner-Molochs Mexiko-City. Auf die beiden trifft das biblische Gleichnis von Kain und Abel zu; es geht um (geplanten) Brudermord, dessen Vollzug im Film allerdings offen bleibt. Die Szene, in der die Brüder gegenseitig die Waffe auf sich richten, ist parallel geschaltet mit Videobildern von auf Leben und Tod ineinander verbissenen Kampfhunden. Mensch und Tier im Zeichen der Gewalt werden so zur Metapher für eine unablässig improvisierende, ums Überleben kämpfende, übervölkerte Stadt, in der sich die Realitäten ständig verschieben.

Wer den Film nicht gesehen hat, wird zumindest mit dessen Schlüsselbildern konfrontiert. Die sachliche Dokumentation der Produktionsbedingungen und des Produktionsverlaufs schafft eine zweite, nüchterne Ebene zu den emotionalen Szenen, eine Art arbeitstheoretische Analyse, die das erfolgreiche Filmwerk aus einem anderen Blickwinkel zeigen will.

Auch die vier weiteren nüen Ausstellungen der Kunst-Werke-Reihe “Produktionen” zeigen keine geschlossenen Werke, sondern belegen zum einen gesellschaftliche Zustände und zum anderen die Art, wie Künstler sich ihnen nähern: Das Künstlertrio “Endcommercial”, um ein Beispiel zu nennen, hat eine Flut von Fotos aus dem Straßenalltag auf sechs Tischen ausgelegt und überdeckt mit Spanplatten, aus denen Gucklöcher ausgesägt wurden. Das Erschweren des Sehprozesses soll die allgemeine Abstumpfung verdütlichen. Wiederkehrendes Fotomotiv ist ein Einkaufswagen, das einschlägig bekannte Vehikel für lebensnotwendige Besorgungen, aber auch das mobile Arbeitsmittel für Straßenhändler in den Großstädten dieser Welt oder das Gefährt der Weißblechbüchsensammler von New York. Und nicht zuletzt transportiert es das bisschen Hab und Gut der Obdachlosen.