Bilder einer Stadt

“Endcommercial”: New Yorker Ansichen im Haus der Kunst.

Banale Orte, dutzendweise abgelichtet. Kurz draufhalten - und weiter. So arbeiten die drei Stadtwanderer Florian Böhm , Luca Pizzaroni und Wolfgang Scheppe. Seit fünf Jahren dokumentieren sie die unsichtbare Landschaften New Yorks: Laternenpfähle, Stühle, Plastiktüten und Einkaufsnetze. Foto für Foto aus dem Leben der Stadt gerissen. “Endcommercial” heißt das Projekt aus rund 600000 Schnappschüssen. Eine Auswahl zeigt nun das Haus der Kunst in seiner ehemaligen Buchhandlung, geordnet nach Schlagworten wie “Tape”, “Street Mark” oder “Standpipes”. Mit den Miniaturen revoltieren die Künstler gegen Hochglanzästhetik und Riesenformate. Und huldigen dem ganz gewöhnlichen Leben. Detailverliebt wie Archäologen oder ikonographische Lumpensammler unserer Zeit rollen sie die Metropole zu einem neuen Bildteppich auf. Längst trägt die Sisyphosarbeit missionarische Züge, aber aus der Wiederholung de Gleichen wächst so etwas wie das Inventar der Stadt. Eine Überlebensanleitung im viel beschworenen Großstadtdschungel.

Alles bleibt im Fluß, lautet die Botschaft, aus Laternenpfählen werden Nachrichtenbörsen und Hydranten neue Sitzgelegenheiten. Oder umgekehrt. Das Projekt wirkt frisch, weil es auf jede Bildästhetik verzichtet. Andererseits verdeutlicht Endcommercial bloß eine alte Weisheit der Postmoderne: Städte sind keine neutralen Flächen. Sie bestehen aus Zeichen, die entziffert und richtig gedeutet werden wollen. Metropolen formen anonyme Erzählungen, die in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben sind, wie die Vertreter der “Urban Anthropology” seit Jahren predigen. Ihre Geschichten verschwinden nur kurz in der Versenkung. Und kommen an anderer, unerwarteter Stelle wieder ans Tageslicht. Die Protagonisten von Endcommercial haben nach ihnen gegraben und sie wieder zu einem bunten Bilderreigen zusammengesetzt. Die Stadt als Buch, wieder einmal. Lieber greift man da gleich zum Katalog, der die Fotoflut übersichtlicher verwaltet.