Tourismus und Heimatgefühl
Gerhard Mack / NZZ am Sonntag / 24|4|2011
Carina steht mit ihrer Schwester an einer Tankstelle. Sie ist stolz auf ihre Tracht und wollte in ihr porträtiert werden. Die Fotografin hatte dagegen Angst, das könnte klischeehaft wirken. Kennen- gelernt haben sich die beiden Frauen bei einem Schützenfest in Sankt Jakob in Osttirol. Monika Höfler ist Reisefotografin für grosse Magazine in Europa und den USA. «Ich mag das Ursprüngliche», sagt sie. In den Osttiroler Tälern faszinierte sie die Spannung zwischen den vielen Bräuchen und unserer traditionsfremden Gegenwart. «Ich mochte die Tracht sehr gern, aber ich hatte Angst, dass es kitschig werden könnte», erzählt sie. Die Tankstelle war eine perfekte Umgebung: «gebrochen und doch ganz natürlich». Die Bilder, die Wolfgang Scheppe in seinem neuesten Band versammelt, zeigen Szenen einer scheinbar heilen Lebenswelt, die wir aus mehr oder weniger erholsamen Ferien kennen. Zusammen mit der Tirol-Werbung lancierte der Bildtheoretiker und Architekturhistoriker ein Projekt, in dem sieben Reisefotografen die Bildwelt der Tourismus-Werbung und die Bilder-Codes der zeitgenössischen Fotografie reflektierten. Herausgekommen ist ein subtiles Porträt einer angeblich sattsam bekannten Region.